15.08.2017 – Hilfeleistung Gefahrgut groß – BAB 24 – Richtung Hamburg – km 198,2
Einsatz 41 / 2017 – 03:10 bis 22:25 Uhr
Pressemitteilung der MAZ:
Neuruppin. Ein defekter Gefahrguttransporter mit 23 Tonnen hoch gefährlicher Salpetersäure hat gestern auf der A 24 bei Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin) für den größten Feuerwehreinsatz in der Region seit vielen Jahren gesorgt. Rund 200 Rettungskräfte versuchten seit Montagabend die Gefahr unter Kontrolle zu bekommen. Die Autobahn, auf der viele Menschen in den Urlaub an Nord- und Ostseeküste fahren, wurde in der Nacht zum Dienstag zwischen den Anschlussstellen Neuruppin und Herzsprung über 20 Stunden lang komplett gesperrt. Es bildeten sich kilometerlange Staus. „Grund für das Auslaufen der Salpetersäure war ein kaputtes Ventil an dem Tanklaster“, sagte die Pressesprecherin der Polizeidirektion Nord, Dörte Röhrs.
Der Fahrer eines Sattelzuges hatte am Montag kurz nach 21 Uhr entdeckt, dass aus einem Loch in seinem Tankauflieger Säure auslief. Er hatte an der Raststätte Walsleben- Ost eine Pause eingelegt und wollte gerade die Fahrt nach Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) fortsetzen, als er das Leck entdeckte. Der Lastwagen war mit 53-prozentiger Salpetersäure in zwei Kammern beladen. Ein Tank mit rund 11 000 Litern der extrem ätzenden Chemikalie war Leck geschlagen. Salpetersäure kann jeden organischen Stoff zersetzen und greift auch Metalle an. Bei Kontakt mit feuchtem Erdreich bildeten sich giftige Dämpfe. Eine dichte Wolke zog von der Raststätte über die Autobahn in Richtung der Gemeinde Walsleben.
Nur unter schwerem Atemschutz und in Spezialanzügen für Chemieunfälle konnten sich Feuerwehrleute der Unglücksstelle nähern. Sie versuchten zunächst, das Leck im Tank zu stopfen, was jedoch nicht gelang.
Die Raststätte Walsleben-West wurde evakuiert, ebenso mehrere Häuser, die nahe an der Autobahn stehen. Etwa 25 Personen wurden gegen 2 Uhr morgens aus ihren Betten geklingelt. Mehrere Lastwagenfahrer, die in Walsleben übernachten wollten, weigerten sich trotz der Säurewolke, mit ihren Fahrzeugen den Parkplatz zu räumen. Erst auf massives Drängen der Polizei fuhren sie schließlich weiter. Bereits am Abend hatte die Polizei die A 24 zwischen Herzsprung und Neuruppin komplett gesperrt.
Am defekten Sattelauflieger stieg indes eine immer dichtere Dampfwolke auf, die alles verätzte, was mit ihr in Berührung kam, selbst die Spezialanzüge der Feuerwehr. Immer wieder musste der Einsatzleiter der Feuerwehr Nachschub aus anderen Landkreisen anfordern. Ab gestern Mittag konnte kein Kreis in Brandenburg mehr liefern. Mehr als 30 Spezialschutzanzüge hatte die Feuerwehr bis dahin schon verbraucht – Stückpreis 3000 Euro.
Matthias Krüger, der Chef des Gefahrstoffverbandes Ostprignitz-Ruppin, telefonierte alle möglichen Betriebe auf der Suche nach Hilfe ab. Die Chemiefirma Atotech hatte noch in der Nacht eine Tonne Soda in Säcken bereitgestellt. Nur damit kann Salpetersäure unschädlich gemacht werden. Weitere fünf Tonnen bekam die Feuerwehr am Dienstag von einem Spezialfutterwerk in Neuruppin.
Bei fast 30 Grad durften die Männer nur wenige Minuten mit Atemschutz und Chemieschutzanzügen arbeiten, dann mussten sie abgelöst werden. Acht Feuerwehrleute mussten bis zum Nachmittag wegen Erschöpfung vom Rettungsdienst behandelt werden. Einer hatte eine Vergiftung erlitten und wurde ins Krankenhaus gebracht.
Feuerwehren aus ganz Ostprignitz-Ruppin waren im Einsatz, dazu mehr als 100 Retter aus Potsdam-Mittelmark und Kräfte aus der Prignitz und dem Havelland. Unterstützung kam auch aus Mecklenburg-Vorpommern.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte die Feuerwehr gestern Nachmittag die Säure in einen anderen Tanklaster umladen. Zunächst war unklar, wie der defekte Laster geborgen wird. Der Einsatz dauerte bei Redaktionsschluss an. Die A 24 war ab 17.30 Uhr wieder frei, die Anwohner konnten zurück nach Hause.
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 16.08.2017, Reyk Grunow
Im Einsatz:
Ofw Niemegk: MTW
Ofw Dahnsdorf: RW2
Gefahrstoffeinheit Potsdam-Mittelmark
div. andere Kräfte aus dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und Havelland sowie aus Mecklenburg-Vorpommern
Rettungsdienst
Polizei
weitere Kräfte und Mittel nach AAO